Terroristen und andere Schwerstkriminelle sind global, digital, vernetzt und über Grenzen hinweg tätig. Das Flugzeug ist auch für sie ein wichtiges Transportmittel. Die Nutzung von Flugpassagierdaten, international bekannt als «Passenger Name Record» (kurz PNR), ist in anderen Ländern bereits heute ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. Damit auch die Schweiz dieses effiziente Mittel nutzen kann, braucht sie eine gesetzliche Grundlage. Vom 13. April bis 31. Juli 2022 wurde die Vernehmlassung zum Flugpassagierdatengesetz (FPG) durchgeführt. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Mai 2024 die Botschaft zum Flugpassagierdatengesetz (FPG) verabschiedet und ans Parlament überwiesen.
- In einem «Passenger Name Record» (PNR) sind die Informationen enthalten, die Flugpassagiere den Fluggesellschaften oder Reisebüros bei der Buchung angeben: Vor- und Nachname, Kontaktdaten (inkl. Adresse und Telefonnummer), Reisebüro, Zahlungsinformationen u.a.
- Diese Informationen können zur Bekämpfung von Terrorismus und Schwerstkriminalität nützlich sein. Beispielsweise, um noch vor dem Abflug Personen zu identifizieren, die in in polizeilichen Informationssystemen verzeichnet sind. Oder um bislang unbekannte Täter zu erkennen und zu identifizieren. Ebenso können für eine polizeiliche Ermittlung Erkenntnisse zu den Reisebewegungen einer verdächtigen Person gewonnen werden.
- Weltweit nutzen bereits um die 70 Länder, darunter auch alle EU-Staaten, PNR-Daten zur Bekämpfung von Terrorismus und Schwerstkriminalität. So verlangen es internationale Vorgaben der UNO, der Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) sowie der EU. Airlines, die beispielsweise eine Destination in der EU anfliegen, müssen die PNR-Daten dorthin übermitteln.
- Die USA erklären die Nutzung von PNR als Bedingung zum Verbleib der Schweiz im Visa Waiver Program (VWP). Dieses ermöglicht Schweizerinnen und Schweizern die visafreie Einreise in die Vereinigten Staaten für touristische oder berufliche Zwecke.
- Die Schweiz selber kann PNR-Daten derzeit nicht systematisch nutzen, weil eine gesetzliche Grundlage dafür fehlt. Mit dem Bundesgesetz über die Bearbeitung von Flugpassagierdaten zur Bekämpfung von terroristischen und anderen schweren Straftaten, kurz Flugpassagierdatengesetz (FPG), soll sich dies ändern.
Wer mit dem Flugzeug reist, macht bei der Buchung oder beim Einchecken verschiedene Angaben: Dazu gehören Vor- und Nachnamen, Kontaktangaben inkl. Adresse und Telefonnummer, Reisedatum und Reiseroute oder auch Angaben zum Gepäck, zur Zahlungsart oder zu Mitreisenden.
Diese Informationen werden von den Fluggesellschaften in einem sogenannten Passenger Name Record, kurz PNR, zusammengefasst - auch in der Schweiz. Bei Flügen in ein Land, das PNR nutzt, sind Luftverkehrsunternehmen bereits heute grundsätzlich verpflichtet, den dortigen Behörden diese Informationen zu übermitteln, erstmals zwischen 48 und 24 Stunden vor dem Abflug und ein weiteres Mal unmittelbar nach Abschluss des Boardings. So verlangen es internationale Vorgaben der UNO, der Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) sowie der EU. Für die in der Schweiz tätigen Fluggesellschaften sind dies keine unbekannten, neuen Pflichten.
Dank PNR-Daten können Terrorismus und Schwerstkriminalität besser bekämpft werden. Die Bearbeitung der Flugpassagierdaten ermöglicht es,
- noch vor dem Abflug Personen zu identifizieren, die in polizeilichen Informationssystemen verzeichnet sind;
- polizeilich noch unbekannte verdächtige Personen, internationale Netzwerke und potenzielle Opfer anhand von Kriterien und Profilen zu entdecken und rechtzeitig Massnahmen durchzuführen;
- bei einer Fahndung oder einer Ermittlung Angaben zu den Reisebewegungen einer tatverdächtigen Person zu erhalten.
So lassen sich kriminelle Organisationen und Netzwerke aufdecken und verdächtige Personen, aber auch potenzielle Opfer zum Beispiel von Menschenhandel gezielt erkennen. Für die Polizei bedeuten diese Ermittlungsmöglichkeiten mit PNR wertvollen Zeitgewinn, denn so kann sie notwendige Massnahmen rechtzeitig ergreifen oder vorbereiten.
PNR hat für die Schweiz auch einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt:
Schweizerinnen und Schweizer, die geschäftlich oder touristisch in die USA reisen, können dies dank dem Visa Waiver-Programm ohne Visum tun. Die USA machen aber die Nutzung von PNR zur Bedingung, damit die Schweiz im Programm verbleibt. Ein Ausschluss aus dem Programm wäre für die Schweiz mit wirtschaftlichen Folgen verbunden, weil Geschäftsreisende nicht mehr spontan in die USA reisen könnten und die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA dadurch erschwert und geschädigt würden.
Bei Flügen in ein Land, das PNR nutzt, sind Luftverkehrsunternehmen bereits heute verpflichtet, den dortigen Behörden diese Informationen erstmals zwischen 48 und 24 Stunden vor dem Abflug und ein weiteres Mal unmittelbar nach Abschluss des Boardings zu übermitteln. Anders als die Schweiz haben weltweit viele Länder – darunter alle EU-Staaten – bereits Stellen eingerichtet, die diese Flugpassagierdaten zum Zweck der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität bearbeiten.
In der Schweiz soll dies eine bei fedpol angesiedelte Nationale Stelle für die Bearbeitung von Flugpassagierdaten sein («Passenger Information Unit», kurz PIU). Dort werden ausschliesslich Spezialistinnen und Spezialisten von Bund und Kantonen arbeiten. Einzig das Personal dieser PIU darf zur Erfüllung der Aufgaben auf die Flugpassagierdaten zugreifen, sie bearbeiten und Ergebnisse an die zuständigen Behörden (z.B. die Polizei) übermitteln. Die Polizei kann dann die nötigen Massnahmen wie etwa eine Verhaftung einleiten. Personen ausserhalb der PIU werden keinen direkten Zugriff auf die PNR-Daten haben.
In der PIU werden die aus dem In- und Ausland erhaltenen PNR-Daten mit den polizeilichen Informationssystemen abgeglichen, um zu prüfen, ob sich eine wegen Terrorismus oder Schwerstkriminalität gesuchte Person unter den Flugpassagieren befindet. Die PNR-Daten können auch nach bestimmten Kriterien – etwa für kriminelle Netzwerke oder Aktivitäten typische Buchungen oder Bewegungsmuster – untersucht werden.
Treffer, die sich bei Abgleichen ergeben, werden immer noch einzeln durch die Mitarbeitenden der PIU manuell überprüft, bevor sie an die zuständigen Behörden zur näheren Überprüfung von Personen oder andere Folgemassnahmen weitergeleitet werden dürfen. Kontrollen oder andere Folgemassnahmen werden nur bei polizeilichen gesuchten Personen oder bei einem konkreten Verdacht vorgenommen.
Sowohl der Nutzungszweck von PNR als auch der Datenzugriff werden im künftigen Flugpassagierdatengesetzstreng geregelt. Die Bearbeitung der PNR-Daten darf nur zum Zweck der Suche nach Terroristen oder anderen Schwerstkriminellen erfolgen.
Flugpassagiere werden bei der Buchung über die Verwendung ihrer PNR-Daten informiert. Weiter merken unbescholtene Bürger nichts davon. Bereits heute werden die PNR-Daten aller Passagierinnen und Passagiere eines Flugzeugs an die Behörden gewisser Zieldestinationen übermittelt, sofern das betreffende Land PNR nutzt. Dank der Nutzung von PNR wird Fliegen sicherer, weil Personen, die des Terrorismus oder Schwerstkriminalität verdächtigt werden, am Abflug gehindert werden können. Aufgrund der Erkenntnisse aus der Bearbeitung der PNR-Daten können ausserdem Kontrollen zielgerichtet auf verdächtige Personen durchgeführt werden, womit der Reisefluss der anderen Reisenden weniger gestört wird.
Dem Schutz der Daten und der Persönlichkeitsrechte der Passagiere kommt im Gesetz eine hohe Priorität zu. Besonders schützenswerte Daten wie ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse Überzeugung, Gesundheitszustand oder sexuelle Neigungen sind nicht Bestandteil der PNR-Daten und dürfen nicht bearbeitet werden. Darüber hinaus werden auch der Nutzungszweck von PNR und der Datenzugriff streng geregelt. Die Bearbeitung der PNR-Daten darf nur zum Zweck der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung erfolgen.
Auf die Flugpassagierdaten zugreifen, diese bearbeiten und die Ergebnisse an die zuständigen Behörden übermitteln darf einzig das Personal der nationalen Stelle für die Bearbeitung von Flugpassagierdaten («Passenger Information Unit», kurz PIU) zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Andere Behörden haben keinen direkten Zugriff auf PNR-Daten.
Treffer aus dem Datenabgleich werden immer zuerst manuell überprüft, bevor sie an die zuständigen Behörden zur näheren Überprüfung von Personen oder für andere Folgemassnahmen weitergeleitet werden dürfen. Kontrollen oder andere Folgemassnahmen werden nur bei polizeilichen gesuchten Personen oder bei einem konkreten Verdacht vorgenommen.
Jede Person kann bei fedpol Auskunft darüber verlangen, ob die PIU Daten über sie bearbeitet.
Kriminelle sind global, digital, vernetzt, über Grenzen hinweg tätig. Ein Beispiel, das sich so ereignet hat:
Mehrere junge Frauen aus Lettland kommen mit Flügen aus Riga in Nizza an. Sie wohnen alle in der gleichen Wohnung. Immer das gleiche Reisebüro in Riga bezahlt die Flugtickets. Die Polizei in Nizza vermutet Menschenhandel und einen Prostitutionsring. Sie informiert die lettische Polizei. Diese stellt fest: Der Status des Reisebüros ist unklar, der Besitzer verdächtig. Die französische Polizei wendet sich an die Passenger Information Unit (PIU) in Frankreich. Diese gibt im PNR-System als Suchkriterium Frauen ein, die über das betreffende Reisebüro ein One-Way-Ticket gekauft haben. Dank diesen Erkenntnissen gelingt es nach dem Abgleich mehrerer Flüge, den Menschenhändler, der die Opfer jeweils begleitet, zu identifizieren und zu verhaften.
Letzte Änderung 14.08.2024