«Wer gegen die E-ID stimmt, nimmt anderen Menschen die Wahlmöglichkeit»

Intervista, 10 settembre 2025: Tages-Anzeiger; Quentin Schlapbach, Florent Quiquerez

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Der Justizminister wirbt für ein Ja zur E-ID-Vorlage, über die am 28. September abgestimmt wird. In einer immer digitaler werdenden Gesellschaft brauche es eine sichere staatliche Infrastruktur.

Herr Jans, wie haben Sie eigentlich 2021 bei der ersten E-ID-Vorlage abgestimmt?

Ich habe damals Nein gestimmt. Ich war skeptisch, ein solches Projekt in die Hände von privaten Firmen zu geben. Ich war und bin der Meinung, dass der Identitätsnachweis eine Aufgabe des Staats sein sollte.

Weshalb kämpfen Sie jetzt für die Vorlage?

Wir haben die richtigen Lehren aus dem Nein gezogen. Die Mehrheit der Bevölkerung war damals aus denselben Gründen skeptisch wie ich. Die Menschen wollen nicht, dass der Identitätsnachweis zu einem Geschäft für private Firmen wird. Deshalb stimmen wir jetzt über eine staatliche E-ID-Lösung ab.

Dennoch: Das E-ID-Projekt wurde 2021 mit 64 Prozent klar abgelehnt. Ist es nicht etwas gar früh, um erneut darüber abzustimmen?

Interessant ist ja, dass selbst die damaligen Gegner gefordert haben, umgehend eine neue EID- Vorlage auszuarbeiten. Kurz nach der Abstimmung gab es bereits mehrere Motionen im Parlament, und zwar aus allen Parteien. Alle Vorstösse haben das Gleiche gefordert: Wir brauchen eine neue Vorlage, aber dieses Mal mit einer staatlichen Lösung. Diesen Auftrag des Parlaments haben wir mit der neuen Vorlage erfüllt.

Weshalb braucht es überhaupt eine E-ID?

Das Internet wird immer wichtiger. Das ist eine Realität. Es wird immer wichtiger, zu wissen, mit wem man es im Internet zu tun hat. Und es wird auch immer wichtiger, dass uns im Internet eine vertrauenswürdige Infrastruktur zur Verfügung steht. Mit dem E-ID-Gesetz schaffen wir genau das. Erstens eine sichere elektronische Identität, mit der man sich ausweisen kann. Und zweitens eine Vertrauensinfrastruktur mit einem digitalen Portemonnaie auf dem Handy. Mit der Swiyu-App können wir eine Applikation präsentieren, die sehr hohe Sicherheitsund Datenschutzstandards erfüllt und auf der man künftig auch andere Dokumente und Ausweise sicher speichern kann.

Der Bund ist nicht gerade dafür bekannt, Informatikprojekte reibungslos abzuwickeln. Können wir sicher sein, dass die Kosten nicht explodieren?

Die Kosten laufen nicht bei jedem IT-Projekt aus dem Ruder. Der Bund betreibt schon über tausend Programme oder Applikationen. Die allermeisten verursachen keine Probleme. In den Medien liest man leider vor allem von jenen Projekten, bei denen nicht alles optimal lief. Beim E-ID-Projekt sind wir bereits heute recht weit fortgeschritten, und laut meinen Informationen sollten wir sowohl finanziell als auch zeitlich den Rahmen einhalten können. Das heisst, die E-ID wird etwa ein Jahr nach der Abstimmung für die Bevölkerung zur Verfügung stehen.

Die heutigen Kritikerinnen und Kritiker der Vorlage werfen Ihnen vor, dass wir mit der E-ID unsere Passdaten viel zu leichtfertig im Internet preisgeben müssten. Was entgegnen Sie?

Das genaue Gegenteil ist richtig. Wenn ich eine sichere elektronische Identität habe, kann ich immer selbst bestimmen, welche Daten ich weitergeben will und welche nicht. Fragt eine Firma aber etwa sensible Daten ab – zum Beispiel die AHV-Nummer – oder fragt sie statt des blossen Alters auch den Namen, den Vornamen und das Geburtsdatum ab, bekomme ich auf der Swiyu-App einen entsprechenden Warnhinweis. Heute ist das anders. Wenn eine Firma das Alter wissen muss, verlangt sie eine Passkopie oder eine Kopie der Identitätskarte und bekommt damit auch noch viele andere persönliche Daten, die sie gar nicht braucht. Mit der E-ID hingegen können wir auch nur gewisse Informationen weitergeben. Wenn zum Beispiel jemand einen Altersnachweis von mir verlangt, kann ich ihm über die Swiyu-App bestätigen, dass ich älter als 18 Jahre bin. Ich muss dabei weder meinen Namen noch mein Alter oder mein Geschlecht preisgeben. Das ist ein viel besserer Schutz als heute.

In der Vorlage heisst es, dass die E-ID freiwillig ist. Aber Hand aufs Herz, langfristig wird sie doch jeder brauchen, oder?

Es ist so, dass die Freiwilligkeit im Gesetz klar verankert ist. Wer das ändern will, muss das Gesetz ändern. Was mir für die Abstimmung wichtig scheint: Die Leute, die keine E-ID wollen und Nein stimmen, nehmen auch anderen Menschen die Wahlmöglichkeit. Es gibt aber viele Menschen, die sehr froh sind, wenn sie nicht jedes Mal persönlich auf eine Behörde gehen müssen, um ein Dokument zu bestellen. Das sind oft ältere Leute, aber auch Menschen mit einer Behinderung. Letzte Woche besuchte mich zum Beispiel ein Blinder im Büro. Er hat mir gezeigt, wie wichtig für ihn der Zugang zum Internet ist. Und wie froh er ist, wenn er sich künftig im Internet elektronisch sicher ausweisen kann.

Welche Garantien können Sie denjenigen geben, die eine Kontrollgesellschaft befürchten – mit einem staatlichen Big Brother?

Auch diese Befürchtungen haben wir sehr ernst genommen. Die Lösung ist einfach: Der Bund kann technisch nicht nachverfolgen, wer seine E-ID wie einsetzt. Ihre persönlichen Daten befinden sich ausschliesslich auf Ihrem Handy. Das ist eine sehr innovative Lösung und macht das ganze System der elektronischen Identität für Hacker uninteressant. Wir haben aber auch noch weitere Sicherungen eingebaut, um Datenmissbrauch zu verhindern. Die Zahlenkette der E-ID verändert sich jedes Mal, wenn sie diese brauchen. Die Daten können technisch also nicht verknüpft werden. Das heisst: Mit den technischen Daten der E-ID können keine Profile erstellt werden.

Muss ich künftig meine E-ID hinterlegen, wenn ich ein Social-Media-Profil eröffnen will?

Es ist im Gesetz geregelt, wann ein Unternehmen eine E-ID anfordern darf und wann nicht. Ein normaler Onlineshop und auch ein soziales Medium darf das Stand heute nicht. Vielleicht werden wir aber eines Tages aus Gründen des Jugendschutzes sagen, dass nur 16- oder 18-Jährige ein Social-Media-Profil haben dürfen. Dann bietet die elektronische Identität wiederum die Sicherheit, dass niemand mit einer gefälschten Identitätskarte oder einer fremden Identitätskarte Zugang zu solchen geschützten Bereichen des Internets hat.

Genf und Neuenburg haben kürzlich für das Recht auf ein Offlineleben gestimmt. Auch in Basel und Zürich sind ähnliche Abstimmungen vorgesehen. Ist es nicht problematisch, dass der Staat uns drängt, uns im Internet zu exponieren?

Nein, denn die E-ID wird auf freiwilliger Basis eingeführt. Und solange dieses Gesetz in Kraft ist, werden die Dienstleistungen des Bundes auch analog angeboten. Es geht vielmehr darum, möglichst vielen Menschen die Teilnahme an der Gesellschaft zu ermöglichen.

Wenn das Volk zum zweiten Mal Nein sagt, wird dieses Projekt dann endgültig aufgegeben?

Diese Frage kann ich nicht abschliessend beantworten. Ich gehe davon aus, dass der Bundesrat das Dossier zur Seite legen würde. Zumindest so lange, bis neue Vorstösse im Parlament entstehen. Es wäre aber auch nötig, die genauen Gründe für eine Ablehnung zu analysieren. Heute sind die Rückmeldungen widersprüchlich: Die einen sagen, das Projekt gehe beim Datenschutz nicht weit genug, die anderen lehnen es grundsätzlich ab.

Wie gravierend wäre ein Nein aus wirtschaftlicher Sicht?

Ob im Alltag oder in der Berufswelt – das Internet gewinnt an Bedeutung. Immer mehr Waren und Dienstleistungen werden online abgewickelt. Das ist die Realität. Am 28. September stimmen wir nicht über die Geschwindigkeit dieser Veränderungen ab, sondern darüber, ob der Staat den Bürgerinnen und Bürgern eine sichere Lösung anbieten kann, um diesen Wandel zu begleiten.

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Ultima modifica 10.09.2025

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