Das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist am 16. September 1988 in Lugano geschlossen worden (s. Liste der Vertragsstaaten, Ratifikationen LugÜ 1988). Es war ein Parallel-Abkommen zum gleichnamigen Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Beide Übereinkommen wurden mittlerweile durch Nachfolgeinstrumente ersetzt (siehe die Seite "das Lugano-Übereinkommen 2007").
Das Lugano-Übereinkommen von 1988 bleibt auch heute noch auf gewisse Sachverhalte anwendbar, die sich vor dem Inkrafttreten des revidierten Übereinkommens ereignet haben (Art. 63 revLugÜ).
Case law
Nach Artikel 1 des Protokolls Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens tragen die Gerichte jedes Vertragsstaats bei der Anwendung und Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung, die in massgeblichen Entscheidungen von Gerichten der anderen Vertragsstaaten zu den Bestimmungen des genannten Übereinkommens entwickelt worden sind. Dazu haben die Vertragsstaaten ein System zum Austausch von Informationen über die in Anwendung des Lugano-Übereinkommens ergangenen Entscheidungen sowie über die in Anwendung des Brüsseler Übereinkommens ergangenen massgeblichen Entscheidungen eingerichtet. Dieses System umfasst insbesondere die Übermittlung der Entscheidungen letztinstanzlicher Gerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowie anderer besonders wichtiger, rechtskräftig gewordener Entscheidungen, die in Anwendung des Lugano-Übereinkommens oder des Brüsseler Übereinkommens ergangen sind (Art. 2 Protokoll Nr. 2).
Die relevanten Gerichtsentscheidungen zum Lugano-Übereinkommen sowie zum Brüsseler-Übereinkommen können in den Datenbanken des Gerichtshofs bzw. der EU-Kommission abgerufen werden (siehe Links).
Frühere Entscheidungen (1992-1997) des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowie solche von Obergerichten der Vertragsstaaten, die zu den Übereinkommen ergangen sind, wurden zudem in der Serie "Sammlung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und der Obersten Gerichte der Mitgliedstaaten betreffend das Lugano-Übereinkommen (Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, Bd I-VI)", Schulthess (Zürich), veröffentlicht.
Ständiger Ausschuss
Der "Ständige Ausschuss" nach Protokoll Nr. 2 zum Lugano-Übereinkommen 1988 hatte unter anderem die Aufgabe, die einheitliche Rechtsprechung in den Vertragsstaaten zum Lugano-Übereinkommen sowie die parallele Auslegung des gleichlautenden Brüsseler Übereinkommens zu begünstigen. Zu diesem Zweck fand im Rahmen des "Ständigen Ausschusses" jährlich ein Meinungsaustausch über die Rechtsprechung statt, die vom Europäischen Gerichtshof zusammengestellt und den Vertragsstaaten mitgeteilt wurde. Zudem wurde regelmässig ein Bericht über diese Rechtsprechung (in Französisch oder Englisch) erstellt (Analyse der Rechtsprechung; Auslegungsdivergenzen). Die Berichte wurden anfänglich zusätzlich in der Schweizerischen Zeitschrift für internationales und europäisches Recht (SZIER) publiziert.
Rechtliche Grundlagen
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Botschaft zum LugÜ 1988
(BBl 1990 II 265)
- Erläuternder Bericht zum LugÜ 1988 (Jenard/ Möller), ABl. C 189 vom 28/07/1990
- Erläuternde Berichte zum EuGVÜ 1968 (Jenard), dem Auslegungsprotokoll 1971 (Jenard) sowie dem Beitrittsübereinkommen 1978 (Schlosser), ABl. C 59 vom 05/03/1979
- Erläuternder Bericht zum EuGVÜ-Beitrittsübereinkommen 1982 (Kerameus), ABl. C 298 vom 24/11/1986
- Erläuternder Bericht zum EuGVÜ-Beitrittsübereinkommen 1989 (Almeida Cruz/ Desantes Real/ Jenard), ABl. C 189 vom 28/07/1990
Letzte Änderung 29.08.2023