Volksinitiative "Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)"

Die Selbstbestimmungsinitiative wurde am 25. November 2018 an der Urne abgelehnt.

Vorläufige amtliche Endergebnisse


  • Stimmbeteiligung: 47,7 %
  • Total Stimmen: 2 585 802
  • Ja: 872 803 (33,8 %)
  • Nein: 1 712 999 (66,2 %)

Unten finden Sie die Informationen zur Selbstbestimmungsinitiative, die das EJPD vor der Abstimmung vom 25. November 2018 online veröffentlicht hatte.

TV-Statement

Die Selbstbestimmungsinitiative

Selbstbestimmungsinitiative - Abstimmung vom 25. November 2018

Medienkonferenz, 25. September 2018

Worum geht es?

Die Initiative will die Artikel 5 und 190 der Bundesverfassung (BV) ergänzen und einen neuen Artikel 56a einfügen. Im Einzelnen vorgesehen sind:

  1. Genereller Vorrang der Bundesverfassung gegenüber internationalen Verträgen ("Völkerrecht"), welche die Schweiz abgeschlossen hat. Ausgenommen sind zwingende Bestimmungen des Völkerrechts (Art. 5 Abs. 1 und Abs. 4 BV.)
    (Zu den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts zählen etwa das Folter- und das Sklavereiverbot oder das Recht, nicht zweimal wegen derselben Sache bestraft zu werden.)
  2. Gerichte und Verwaltungsbehörden wenden einen internationalen Vertrag nicht mehr an, wenn er verfassungswidrig geworden ist. Ausgenommen sind Verträge, die beim Abschluss dem Referendum unterstanden (Art. 190 BV.)
  3. Im Fall eines "Widerspruchs" müssen die Behörden für eine Anpassung der völkerrechtlichen Verpflichtungen an die Vorgaben der Bundesverfassung sorgen. Gelingt dies in Verhandlungen mit den Vertragspartnern nicht, so muss der Vertrag "nötigenfalls" gekündigt werden (Art. 56a BV).
  4. Eine Übergangsbestimmung hält fest, dass diese Bestimmungen auch auf alle bereits bestehenden internationalen Verträge angewendet werden müssen.

Synopsis Verfassungstexte (PDF, 16 kB, 05.06.2020)

Die Selbstbestimmungsinitiative schlägt also einen starren Mechanismus im Umgang mit einem Konflikt zwischen der Verfassung und einem internationalen Vertrag vor. Zu einem solchen Konflikt kann es zum Beispiel dann kommen, wenn die Stimmbevölkerung eine Volksinitiative annimmt, die in gewissen Punkten nicht mit einem abgeschlossenen Vertrag vereinbar ist.

Bisher ist die Schweiz mit einer solchen Situation stets pragmatisch umgegangen. Sie hat geschaut, wie das Anliegen der Stimmbevölkerung umgesetzt werden kann, ohne dass sie gleich vertragsbrüchig wird oder den internationalen Vertrag kündigen muss. Die Initiative schränkt diesen Spielraum ein. Bei einer Annahme der Initiative müsste die Schweiz jeden betroffenen Vertrag neu verhandeln und für eine Anpassung die Zustimmung der jeweiligen Verhandlungspartner bekommen – oder aber den Vertrag "nötigenfalls" kündigen.

Haltung des Bundesrates

Der Bundesrat lehnt die Selbstbestimmungsinitiative insbesondere aus folgenden Gründen ab:

  • Schweiz bestimmt heute schon selber: Ob die Schweiz einen Vertrag abschliessen will, bestimmt sie heute schon selber. Sie lässt sich Verträge nicht aufzwingen. Die Stimmbevölkerung kann bei allen wichtigen Verträgen mitreden. Ist ein internationaler Vertrag nicht mehr im Interesse der Schweiz, kann sie diesen auch kündigen. Sie prüft das aber vorher sorgfältig und wägt – wie auch vor dem Abschluss eines Vertrags – die Vor- und Nachteile einer Vertragsbeziehung ab. Dabei zieht sie auch andere Lösungen in Betracht als eine Neuverhandlung oder eine Kündigung. Die Initiative lässt das nicht mehr zu.
  • Stabilität und Verlässlichkeit gefährdet: Die Initiative verlangt, dass die Schweiz internationale Verträge (oft als "Völkerrecht" bezeichnet) bei einem "Widerspruch" zur Verfassung neu verhandelt und "nötigenfalls" kündigt. Damit stellt sie Abmachungen in Frage, welche die Schweiz aus eigenem Interesse eingegangen ist. Und sie gefährdet so die Stabilität und die Verlässlichkeit der Schweiz.
  • Die Initiative schadet dem Wirtschaftsstandort: Mit dem Anpassungs- und Kündigungszwang stellt sie die internationalen Handelsbeziehungen sowie die multilateralen und bilateralen Beziehungen der Schweiz zu anderen Staaten in Frage. Das schafft Unsicherheit. Darunter leidet die Wirtschaft, also unsere Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen.
  • Die Schweiz wird anhängig vom Goodwill anderer Länder: Die Initiative zwingt die Schweiz, Verträge mit anderen Ländern anzupassen. Das macht die Schweiz abhängig vom Goodwill von anderen Ländern. Oder es ist eine Einladung für die andere Seite, Gegenforderungen zu stellen. Mit ihrem Verhandlungszwang schwächt die Initiative die Position der Schweiz.
  • Ermächtigung zum Vertragsbruch schwächt Schweiz: Die Initiative hält Gerichte und Verwaltungsbehörden an, sich über gewisse internationale Verträge hinwegzusetzen. Das könnte als Aufforderung zum Vertragsbruch verstanden werden, widerspricht unserer Tradition und schwächt die Position der Schweiz: Hält sie ihre Vereinbarungen nicht mehr ein, darf sie das von ihren Vertragspartnern auch nicht mehr erwarten.
  • Schwächung der EMRK: Mit der Initiative droht auch eine Schwächung des internationalen Menschenrechtsschutzes, namentlich der Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Eine Annahme der Initiative könnte dazu führen, dass die Schweiz Bestimmungen der EMRK andauernd und systematisch nicht mehr anwenden kann. Auf lange Sicht wäre sogar ein Ausschluss der Schweiz aus dem Europarat möglich, was einer Kündigung der EMRK gleichkäme – ein denkbar schlechtes Signal an unsere eigene Bevölkerung, aber auch gegenüber allen anderen Staaten.

Für den Bundesrat ist klar: Die Initiative ist ein gefährliches Experiment, das sich die Schweiz ersparen sollte. Denn sie zwingt uns dazu, wichtige internationale Verträge zu brechen, neu zu verhandeln und zu kündigen. Das führt zu unnötigen Konflikten mit anderen Staaten und zu Streit im Inland. Mehr Selbstbestimmung bringt das nicht. Aber es gefährdet das Erfolgsmodell Schweiz.

Aus all diesen Gründen empfiehlt der Bundesrat am 25. November 2018 ein Nein zur Volksinitiative "Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)".

Haltung des Parlaments

Das Parlament ist dem Bundesrat gefolgt und empfiehlt Volk und Ständen ebenfalls ein Nein. Der Nationalrat hat dies mit 129 zu 68 Stimmen beschlossen, der Ständerat mit 38 zu 6 Stimmen.

Volksabstimmung

Die Vorlage kommt am 25. November 2018 zur Abstimmung.

Weitere Infos

Dokumentation

Schlussabstimmung

Dossier

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Interviews

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Video-Interview, NAU, 25.09.2018


Video-Interview, SDA, 25.09.2018

Letzte Änderung 25.11.2018

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